Informationen für ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer

Liebe ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuer,

der Bundestag hat sich am 13.11.2015 für die zweite Stufe der Pflegereform entschieden. Damit ist der größte Umbau der Pflegeversicherung seit ihrer Einführung vor 20 Jahren beschlossen. Von 2017 an soll die Hilfe für Pflegebedürftige früher einsetzen und Schätzungen zufolge 500.000 Menschen zusätzlich erreichen. Begutachter müssen dann alle für eine Pflegebedürftigkeit relevanten Aspekte erfassen, unabhängig davon, ob diese auf körperlichen, psychischen oder kognitiven Beeinträchtigungen beruhen.

Dies soll der Schlüssel für eine bessere Versorgung der Demenzkranken sein. Die Einstufung wird nicht mehr wie bisher in drei Pflegestufen stattfinden, sondern es wird fünf Pflegegrade geben, die den Grad der Selbstständigkeit eines Menschen in allen pflegerelevanten Bereichen widerspiegeln sollen. Bisher lag der Fokus der Pflegeversicherung auf körperlichen Gebrechen, damit wurde man den etwa 1,5 Millionen Menschen mit Demenzerkrankungen in Deutschland nicht gerecht. Diese sind derzeit meistens in die Pflegestufe 0 eingruppiert. Ab 2017 werden viele zwei Stufen höher rutschen und damit höhere Ansprüche gegenüber der Pflegekasse haben. Dies ist eine gute Nachricht!

Wir werden im kommenden Jahr zu diesem wichtigen Thema eine Fortbildungsveranstaltung für ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer anbieten.

Ihre Bärbel Juchler-Heinrich

Zuzahlungsbefreiung für chronisch kranke Menschen

Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, müssen für viele Arzneimittel Zuzahlungen in Höhe von 10 % des Abgabepreises des verordneten Arznei- oder Verbandmittels bezahlen, mindestens 5,- € und höchstens 10,- €, umgangssprachlich auch als “Rezeptgebühr” bezeichnet. Diese Zuzahlungen gelten nicht nur für Arzneimittel, sondern auch für Krankenhausaufenthalte, Fahrtkosten, Zahnersatz, Hilfsmittel wie z.B. Hörgeräte und vieles mehr.
Wer im Laufe eines Kalenderjahres bestimmte Belastungsgrenzen erreicht, kann sich von den Zuzahlungen befreien lassen oder sich am Jahresende den über der Belastungsgrenze liegenden Betrag erstatten lassen. Auch Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt (Sozialhilfe), Arbeitslosengeld II oder Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung müssen den jährlichen Zuzahlungsgesamtbetrag leisten. Die Belastungsgrenze liegt bei 2 % des Bruttoeinkommens, bei chronisch Kranken bei 1 %. Der jährliche Zuzahlungsgesamtbetrag beträgt mindestens 95,76 €, bei chronisch Kranken 47,88 €.
Als schwerwiegend chronisch krank gilt, wer mindestens 1 Jahr lang wegen derselben Krankheit mindestens einmal pro Quartal in ärztlicher Behandlung ist und wenn eines der folgenden Kriterien erfüllt ist:

  • Es liegt eine Pflegebedürftigkeit der Pflegestufe 2 oder 3 vor
  • Es liegt ein Grad der Behinderung nach Schwerbehindertenrecht von mindestens 60 vor oder eine Minderung der Erwerbsfähigkeit nach Unfallversicherungsrecht von mindestens 60 Prozent
  • Es ist eine kontinuierliche medizinische Versorgung (ärztliche oder psychotherapeutische Behandlung, Arzneimitteltherapie, Behandlungspflege, Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln) erforderlich, ohne die nach ärztlicher Einschätzung eine lebensbedrohliche Verschlimmerung der Erkrankung, eine Verminderung der Lebenserwartung oder eine dauerhafte Beeinträchtigung der Lebensqualität zu erwarten ist.

„Sozialer Kitt für eine alternde und zunehmend anonyme Gesellschaft“: Geschäftsführerin des Betreuungsvereins Neckar-Odenwald-Kreis unterstreicht wertvolle Arbeit der über 240 ehrenamtlichen gesetzlichen Betreuer

Mosbach. „Ohne Ehrenamtliche wäre es nicht möglich, rund 3.100 Menschen gesetzlich zu betreuen. Deshalb ist ihre Arbeit für den Betreuungsverein Neckar-Odenwald-Kreis unendlich wertvoll“, sagt die Geschäftsführerin des Vereins Bärbel Juchler-Heinrich mit Blick auf aktuell über 240 ehrenamtliche gesetzliche Betreuer in Kreis.

Jeder dieser Engagierten, so unterstreicht Juchler-Heinrich, übernehme parallel zu oder nach Ende des Berufslebens eine ganz besondere Verantwortung für Menschen, die aufgrund einer Krankheit oder Behinderung ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln können. Ihre Aufgaben sind dabei, je nach übernommenem Fall, ganz unterschiedlich: Sie kümmern sich um finanzielle Verhältnisse oder Erbschaftsangelegenheiten genauso wie um gesundheitliche Probleme oder einen nicht mehr vermeidbaren Umzug in ein Pflegeheim. Dabei sind Einfühlungsvermögen und ein gesunder Menschenverstand eine wichtige Voraussetzung, um die Aufgabe gut zu bewältigen, erklärt Juchler-Heinrich. Spezielle rechtliche oder finanzielle Fachkenntnisse ermöglichen dem Betreuer die Übernahme schwieriger Fälle, für die sonst eher hauptamtliche Kräfte verpflichtet werden. Voraussetzung seien solche Kenntnisse aber nicht. Zudem schule der Betreuungsverein seine ehrenamtlichen Mitarbeiter intensiv und begleite diese nach Übernahme der Fälle. „Auch wenn Betreuer in ihren Entscheidungen unabhängig sind, lassen wir sie auf keinen Fall allein, sondern begleiten diese über die ganze Zeit der Betreuung“, so die Diplom-Pädagogin.

Der Rahmen des Betreuungsvereins war dabei für viele der ehrenamtlichen Betreuer ein Argument, sich auf die Aufgabe des Betreuers zu konzentrieren. So ging es auch einem der erfahrensten Betreuer im Kreis, dem Mosbacher Bernd Neff: „Schon ab der ersten Schulungsveranstaltung fühlte ich mich wohl und habe mit großer Freude andere engagierte Ehrenamtliche kennengelernt.“ Auch das Wissen, dass es Betreuungen in ganz unterschiedlichen Abstufungen und Schwierigkeitsgraden gebe, habe ihm die Sicherheit gegeben, zunächst auf dem Niveau anfangen zu können, das er sich zugetraut habe.

„Jeder Fall ist anders und immer wieder eine spannende Herausforderung. Denn klar ist, dass man den zu betreuenden Menschen nicht bevormunden kann. Man muss mit ihm sprechen, seine Wünsche verstehen und diese, wenn möglich, umsetzen“, sagt der pensionierte Diplom-Bundesbankbetriebswirt Neff, der inzwischen seit fast 10 Jahren Betreuungen übernimmt.

Juchler-Heinrich ist froh, dass sie auf so viele Betreuer im Neckar-Odenwald-Kreis zurückgreifen kann: „Diese ehrenamtliche Arbeit wird dringend benötigt. Sie ist der soziale Kit für eine alternde und zunehmend anonyme Gesellschaft mit vielen Menschen, die sonst niemand mehr haben.“

Hintergrundinformation:
Im Neckar-Odenwald-Kreis übernehmen Ehrenamtliche, also Familienangehörige oder über den Betreuungsverein vermittelte Betreuer, rund 70 Prozent aller Fälle. Sie erhalten dafür 399 Euro im Jahr als Aufwandsentschädigung und sind über das Land Baden-Württemberg versichert. Die übrigen Fälle übernehmen aufgrund ihrer Komplexität Berufsbetreuer. Interessierte können sich über die Tätigkeit als ehrenamtlicher Betreuer unverbindlich unter 06261 84 2520 oder betreuungsverein@neckar-odenwald-kreis.de informieren. Der Betreuungsverein Neckar-Odenwald-Kreis wurde 1992 auf Initiative der Kreisverwaltung gegründet. Vereinsvorsitzender ist Landrat Dr. Achim Brötel.

Leistungen der Pflegeversicherung bei Aufenthalt im Ausland

Solange sich Pflegebedürftige innerhalb Deutschlands aufhalten, werden ihnen die Leistungen der sozialen Pflegeversicherung gewährt. Diese Leistungen werden bei einem Auslandsaufenthalt pro Kalenderjahr bis zu sechs Wochen weitergewährt (§ 34 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI). Für die Zeit des Auslandsaufenthaltes kann das Pflegegeld oder die Pflegesachleistung beansprucht werden. Dies gilt auch für die kombinierten Leistungen aus Pflegegeld und Pflegesachleistungen.

Bei einem vorübergehenden Auslandsaufenthalt von mehr als sechs Wochen besteht ein Leistungsanspruch nur dann, wenn dies im Rahmen von zwischenstaatlichen Regelungen vereinbart wurde. Diese Vereinbarungen gibt es mit den Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums und der Schweiz.

Die Klage einer Frau mit türkischer Staatsangehörigkeit gegen deren Pflegekasse war jedoch erfolglos, da die Türkei nicht zu den Mitgliedsstaaten gehört. Das Bundessozialgericht wies darauf hin, dass die Leistungen der Pflegeversicherung an umfangreiche Voraussetzungen gebunden und in ein flankierendes System der Unterstützung und Qualitätssicherung eingebettet sind. Beispielsweise gehören zum Bezug von Pflegegeld die obligatorische Pflegeberatung oder auch Pflegekurse. Gerade diese begleitenden Leistungen sollten bei häuslicher Pflege noch weiter gestärkt werden. Ein unbegrenztes Exportieren des Pflegegeldes in Länder, in welchen flankierende Strukturen nicht gegeben sind, wäre ein Signal in die falsche Richtung.

83 jährige von Grundsicherung im Alter ausgeschlossen

Wer sein Vermögen zu schnell verbraucht und dadurch sehenden Auges die Sozialhilfebedürftigkeit herbeiführt, erhält keine Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Dies hat das Landessozialgericht Stuttgart im Fall einer 83-jährigen Rentnerin Ende letzten Jahres entschieden. Die Rentnerin hatte für ihren Ruhestand privat vorgesorgt, ihre gesetzliche Rente betrug lediglich etwas mehr als 250 Euro im Monat. Anfang 2006 besaß sie ein Vermögen von über 100.000 Euro und entnahm sich monatlich mindestens 2.200 Euro. Ende August 2009 war das Geld aufgebraucht, so dass sie einen Antrag auf Grundsicherung im Alter stellte. Diesen lehnte das zuständige Sozialamt ab mit der Begründung, die Frau habe die Hilfebedürftigkeit selbst herbeigeführt und dabei vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig gehandelt. Deshalb sei sie von der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ausgeschlossen.
Diese Einschätzung teilten das Sozialgericht Reutlingen und später das Landessozialgericht. Wer seine Rücklagen zur Aufrechterhaltung des bisherigen Lebensstandards innerhalb weniger Jahre aufbrauche, gehe nicht verantwortungsvoll mit dem eigenen Vermögen um. Dass ihr Verhalten zwingend zur Sozialhilfebedürftigkeit führen würde, habe die Rentnerin als ehemalige Unternehmerin auch ohne weiteres erkennen können und damit sozialwidrig gehandelt.

Die 83-Jährige steht nach der Entscheidung des Landessozialgerichts allerdings nicht mit leeren Händen da. Statt der Grundsicherungsleistungen erhält sie vom Sozialamt Hilfe zum Lebensunterhalt. Diese Leistung fällt ebenso hoch aus wie die Grundsicherung, sie muss aber, weil die Anspruchsvoraussetzungen vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt wurden, zurückgezahlt werden. Diese Verpflichtung geht nach dem Tod der Frau auf die Erben über.